11- bis 12-jährige Kinder radeln 850 Kilometer quer durch Deutschland

Ellingen / Norderney. Vier Mädchen und zwei Jungen der „UFC-Radlkids“ im Alter von 11 – 12 Jahren sind zusammen mit ihrem Tourleiter Matthias Schulz vom UFC Ellingen (Sparte Radsport) in acht Tagen mit ihren Mountainbikes ans Meer geradelt. Sie legten dabei 851.85 km und 3869 hm zurück.

Auf nach Bamberg!
Die erste Etappe führte die Gruppe von Ellingen aus über die „Mühlenstraße“ und Georgensgmünd nach Roth. Weiter ging’s entlang des Main-Donau-Kanals bis zum Nürnberger Hafen und dann entlang der Städte Fürth, Erlangen und Forchheim bis nach Bamberg, das wegen seines weit verzweigten Fluss-Systems liebevoll „Klein Venedig“ genannt wird. In Sichtweite zum Bamberger Dom wurde im Jugendgästehaus Nachtquartier nach 116,95 km Nachtquartier bezogen. Der Abend klang bei einem genussvollen Pizzaessen in der Bamberger Altstadt aus.

Von Bamberg nach Bischofsheim (Rhön)
Starke Regenfälle zwangen die Gruppe am zweiten Tourtag bis um 12:00 Uhr in Bamberg auszuharren, ehe es dann mit deutlicher Verzögerung entlang des Main-Donau-Kanals über Eltmann und Haßfurt nach Schweinfurt weiterging. Ab da verließ die Gruppe das Maintal und radelte quer durch die westlichen Ausläufer der Haßberge. Ab Bad Neustadt an der Saale wurde dann der Bahnlinienradweg Richtung Bischofsheim eingeschlagen. Gegen 22.30 Uhr kam die Gruppe müde aber zufrieden in einer gemütlichen Pension in Oberweißenbrunn unter. Nach einer leckeren Brotzeit fielen die Kinder in ihre Betten. 118,55 km und 1030 hm waren der hart erkämpfte Lohn des zweiten und bislang härtesten Tourtages.

Quer durch eine alte Vulkanlandschaft und am Fulda-Radweg durch die Kasseler Berge
Am dritten Tourtag gings bis auf 713 m Meereshöhe die „Hohe Rhön“ hinauf bis zur hessischen Landesgrenze, bevor die Kinder bergab quer durch die eindrucksvolle Vulkanlandschaft und ihren Ausläufern bis nach Fulda radelten. Ab hier folgte die Gruppe dem Fulda-Radweg bis nach Bad Hersfeld. 90,77 km und 519 Höhenmeter standen bei der Hotelankunft zu Buche. Tourtag vier führte die Gruppe weiter am Fuldaradweg quer durch die Kasseler Berge, durch namhafte Orte wie Rotenburg a. d. Fulda, Melsungen und Guxhagen bis zur Zielankunft in Kassel. 101,95 km und 469 hm waren der Lohn des vierten Tourtages. In Kassel lockte eine Übernachtung in einem alternativen Hostel, zugleich Flüchtlingsunterkunft und multikultureller Anziehungspunkt, mit musikalischer Kleinkunst und geselligem Barbecue im Garten. Hinzu kam ein spontan improvisiertes Klavierkonzert, dass sich die Kinder und ihr Betreuer gegenseitig im hauseigenen Musikzimmer zum Besten gaben.

Von Kassel nach Hameln
Auf den Spuren des berühmten Rattenfängers radelte die Gruppe am fünften Tourtag quer durch die Kasseler Berge auf einem aussichtsreichen Hochplateau bis ins Dreiländereck Hessen/Niedersachsen/NRW. Fortan wurde am Weser-Radweg die Tour Richtung Hameln fortgesetzt. Zwischendurch setzte die Gruppe per KFZ-Fähre ans andere Flussufer über. Das Kernkraftwerk Grohnde wurde aus nächster Nähe inspiziert, ebenso wie zahlreiche Biogasanlagen. Der Wissensdurst der Kinder zu den unterschiedlichen Formen der Energieerzeugung in Deutschland konnte „on the road“ befriedigt werden. Ein wunderschöner Sonnenuntergang begleitete die Kinder bei ihrer Zielankunft in Hameln – 142,82 km und 780 Höhenmeter waren der Lohn des fünften Tages. Übernachtet wurde in einem Hotel im Hameln, leckere Schnitzel warteten auf hungrige Kindermünder.

Durch das Wesergebirge nach NRW und weiter ins niedersächsische Bad Zwischenahn
Von Hameln wurde am sechsten Tourtag weiter entlang der Weser bis Westendorf geradelt, bevor sich die Gruppe in nördlicher Richtung einen Weg durch das Weserbergland über die Landesgrenze nach NRW bahnte. Eine straßenreiche Etappe, die dann weiter über Minden bis in einen Ortsteil von Espelkamp führte. Eigentlich wollte die Gruppe noch weiter bis Damme radeln, wurde jedoch wegen einer aufziehenden Gewitterfront zur Einkehr in einem Landhotel gezwungen. So standen gerade einmal 68,38 km und 132 hm auf der Habenseite, was aber niemanden störte – denn der Plan für die beiden verbleibenden Tourtage stand bereits fest. Tourtag Nummer sieben wurde sodann bereits um 7.30 Uhr begonnen in der Einigkeit, bis 11:00 Uhr stramme 50 Kilometer „runterzuradeln“. Was auch Bestens gelang. Schon bald war die Landesgrenze zu Niedersachsen erreicht, Diepholz, Vechta und Wardenburg folgten auf z. T. schnurgeraden Radwegen bis zum Tagesziel in Bad Zwischenahn. 121,76 Kilometer und 59 hm waren der Lohn dieses vorletzten Tourtages, der in der Bad Zwischenahner Jugendherberge bei Eintopf und Beachvolleyballspiel am „Zwischenahner Meer“ ausklang.

Das Ziel vor Augen
Tourtag acht wurde ebenfalls um 7:30 Uhr bei bestem Tourwetter begonnen. Schließlich wollte man so schnell wie möglich die Fähre in Norddeich erreichen. Und so radelten die Kids mit rund 20 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit flott dem Meer entgegen. Kurz vor Aurich wurde von einem Zickzack an Nebenstraßen auf den wunderschönen Kanalradweg gewechselt. Danach ging es schnurgerade entlang von Bundesstraße und Eisenbahn am Radweg Richtung Meer. Die Spannung stieg, als Norden erreicht war und der Meeresdeich am Zielort Norddeich überquert war: Die Gruppe stand 88,58 km Tagesstrecke gegen 14:15 Uhr am Meer. Sie hatten es geschafft! Die Fährtickets waren schon unterwegs vom Handy aus gebucht worden, und so schoben alle ihre Bikes auf das Fährschiff Richtung Norderney. Eine herrliche, 55-minütige Schifffahrt bei strahlendem Sonnenschein ließ die Kinder die Strapazen der letzten Tage vergessen. Noch 3 km bis zur Unterkunft („Haus Detmold“) geradelt, schnell umgezogen und dann wurde auch schon im Meer gebadet. Das Nordseewasser war mit 20°C angenehm erfrischend. Der Abend klang beim Pizzaessen in fröhlicher Runde aus.

Spaß am Strand und Rückfahrt mit dem ICE
Es folgte Tag neun – ein Strandtag! Frühmorgens um 7:15 lud Matthias die Kids zu einer Insel-Erkundungstour bis zum Norderneyer Leuchtturm ein. Dabei konnten zahlreiche Tiere am Wegrand und in den Dünen entdeckt werden, z. B. Kaninchen und Wasservögel. Nach einem stärkenden Frühstück wurde am Strand ein Straßenbauprojekt auf 40 qm Fläche gemeinsam errichtet. Danach folgten Baden im Meer, ein Stadtbummel in die Norderneyer City und ein Abendessen inkl. Eis beim Griechen. Am zehnten Tag brachen die Kids schon früh zur 8 Uhr 15 – Fähre auf, um dann ab 10.39 Uhr die Rückfahrt ab Norddeich Mole mit dem Zug bis nach Bremen anzutreten. Es folgte ein kleiner Abstecher zu den Bremer Stadtmusikanten, bevor dann im ICE von Bremen bis Nürnberg „durchgerauscht“ wurde. Von Nürnberg bis ins heimische Ellingen musste dann nochmal der Bummelzug ran. Am Bahnsteig in Ellingen wartete schon eine fröhliche Gesellschaft mit Willkommensbanner und Luftballons, um die Nordseefahrer zu begrüßen.

Ein großes Dankeschön!
In Ellingen angekommen wurde noch schnell bei Robert Rieger „eingecheckt“. So konnte jeder sein Fahrrad wieder in Empfang nehmen. An ihn geht an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank für seinen Bike-Shuttledienst, nachdem der Fahrradtransport mit der Bahn nicht möglich gewesen war. Ebenso geht ein besonderer Dank an Simone Spiegel für die organisatorische Unterstützung bei der Ticketreservierung im Vorfeld. Möglich gemacht hatte die Tour das Team vom UFC-Radsport, mit Matthias Schulz als Tourleiter und Claudia Schulz im Background, sowie einem fleißigen Team an Unterstützern: „Die sportliche Leistung, der Zusammenhalt, das Durchhalten, das aufgebaute Selbstbewusstsein, das glückliche Kindergesicht seit der Rückkehr, ein einmaliges Erlebnis – all das war nur möglich dank eines unbeschreiblich großen Einsatzes und Engagements!“ So beschreibt es eine Mutter treffend, die ihr Kind nach neun Tagen wieder gesund und fröhlich in Empfang nehmen durfte. Die Tour verlief unfallfrei, und die täglichen Coronatests unterwegs verliefen allesamt negativ. „Wäre nur ein Teilnehmer positiv getestet worden, hätte dies das Aus für die Tour bedeutet“, resümierte Matthias Schulz das tägliche Bangen und Hoffen unterwegs. Aber es hatte sich gelohnt, allen Widrigkeiten zum Trotz. Was bleibt, ist eine wundervolle Erfahrung für die Kinder, etwas Außergewöhnliches vollbracht zu haben. Die Kinder können das dabei aufgebaute Selbstvertrauen in vielen Lebenssituationen verwenden – „Erlebnispädagogik pur“, wenn man so will.

Bild 1: Am Strand von Norderney
von links: Sofia Maurer, Tijana Bodonj, Marlena Rieger, Matthias Schulz, Nynke Strauch, Carl-Nikolaus Wrede, Hannes Spiegel
Bild 2: Am Bamberger Dom
Bild 3: Morgenrunde in den Norderneyer Dünen